Die Bilder der Anderen

Es ist immer wieder faszinierend, was andere Menschen denken wenn sie uns sehen. So wird Madeleine gelegentlich mit “Sir” oder “Mr.” angesprochen, auf öffentlichen Toiletten von oben bis unten gemustert bzw. verleitet es die Menschen dazu nochmal zu überprüfen, ob sie nicht falsch abgebogen sind.

Was macht das mit Madeleine? Erstmal nicht viel, oder genau so viel, dass es auffällt und sie immer wieder daran erinnert, dass sie anders ist. Jedoch bringt es uns in den Ländern in denen unsere Art des Zusammenlebens eher unbekannt, irritierend, abstoßend oder gar unter Strafe (wie hier in Sri Lanka) steht auch etwas Gutes. Sicherheit, weil wir so – auch wieder in der Wahrnehmung Anderer – “richtig” erscheinen. Als Mann (Madeleine, groß und kurzhaarig) und Frau (Anne, kleiner und Zopf), die zu zweit auf Reise sind.

Ein anderes Bild ist das von Mutter und Tochter auf Reisen. So wurde ich auch schon mehrmals zu einem Elternteil oder einer Person die zum Siezen einlud. Wahrscheinlich, weil ich nicht mehr ganz so frisch und glatt im Gesicht daherkomme oder sind es die grauen Haare? Oder mein bestimmendes Auftreten? Oder, dass wir ein Doppelbett gebucht haben? Egal was es ist, auf jeden Fall scheint dieses Bild für einige Menschen zu passen.

Und wie gehts mir damit? Boah.. ich hasse das. Weniger der Punkt zur Mutter mit Tochter gemacht zu werden, was wohl den Altersunterschied zwischen uns adressiert. Vielmehr ist es der Punkt mich dann mal wieder mit meinem optischen Alter auseinander setzen zu müssen.

Ich gebe zu, an der Stelle bin ich ehr ein stures Kind. Ich kann – noch – nichts Gutes an grauen Haaren erkennen, auch wenn andere mir liebe Menschen das sexy finden. Und Falten… es gibt zu viel Cremewerbung gegen Falten, was soll daran also bitte schön gut sein?

Naja aber auch hier gibts ne gute Seite. Mit diesen Falten und grauen Haaren wird auch ein gewisses Alter angenommen, zu dem ein bestimmter Verhaltenscodex gehört. Klar bekomme in Restaurants immer ich die Rechnung vorgelegt (im Sitzen fällt der Größenunterschied nicht auf, oder ist nicht relavant), aber ich nehme auch mehr Respekt der Menschen mir gegenüber war, was sich vor allem in der Körperhaltung zeigt. Ich kann mein Aussehen auch dafür nutzen mich “Größer” zu machen, weniger Einladend zu sein für einen schlechten Handel oder “Lauter” um meine Position klar zu machen.

Es ist faszinierend wie eine Reise durch die verschiedenen Länder mit ihren Traditionen, Religionen, Sichtweisen und “Normalitätsverständnissen” uns immer wieder einen Spiegel vorhält. Jedes Land birgt neue Perspektiven und so lange sie uns auch immer etwas Gutes mitgeben kann ich jede und jeden hier so lassen.

ABER wenn ich zurück bin, dann werde ich wieder gegen die Bilder anderer angehen, es nicht darauf belassen, auch wenn dadurch weniger Harmonie in the House ist.

Aretha Franklin – Respect [1967] (Original Version)

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Istanbul

Januar 26, 2020