“Xela” sechs Tage Wohlfühlen

Mal wieder eine dieser unscheinbaren Orte (die auch kaum Erwähnung auf Blogs finden), der uns hier in Guatemala begeistert hat. Wenn wir einen Ort in Guatemala anderen Reisenden empfehlen sollten, dann auf jeden Fall diesen. “Xela” ist der Maya Name für Quetzaltenango, der zweitgrößten Stadt von Guatemala.

Den größten Anteil daran, hatte wohl unser Hostel Casa Seibel. Ein wundervoll, charmantes, kleines Hostel mit Tischdecken, Goldrahmenbildern mit Bergblick an den Wänden, Badvorlegern, einer super ausgestatteten Küche (incl. Topflappen) und schnellem Wlan. Ein Ort an dem wir uns von der ersten Minute an wohlgefühlt haben, liebe Menschen getroffen und von dem aus wir uns berufen gefühlt haben etwas zu unternehmen. Aus einer geplanten Nacht wurden ganze sechs Nächte bei Jenny, (Manager*in) Chelsea (Mitbewohner*in) und das obwohl es doch ziemlich frisch war dort in den Bergen.

Mir war danach. Ich wollte raus aus dem Kopf und den Gedanken darum, wie “gefährlich” Guatemala sein soll und rein in das Land, in die eigenen Bilder und Erfahrungen und zurück in die Lust am Reisen. Das Hostel (als Ruhepol ) und „Xela“ mit seinen unzähligen Angeboten an Touren schienen mir dafür der perfekte Ausgangspunkt. Doch wir begannen erstmal klein, mit der Erkundung der Stadt und dem Mercado Democracia. Wieder einer dieser Straßenblöcke und Verkehr dominierenden, bunten und lebendigen Märkte. Der perfekte Ort mehr über die Menschen und ihre Interaktionen in Erfahrung zu bringen und frisches Obst und Gemüse zu shoppen.

Ich nutzte das Einkaufen auch immer mehr dafür, um mein Spanisch etwas voran zu bringen. In kleinen Schritten, Wort für Wort und Phrase um Phrase erweitert sich mein Vokabular. Mal gehts Vorwärts, mal drei Schritte zurück und an wieder anderen Tagen geht alles durcheinander.

  • Bsp. “Tres huevos por tres dias.” – drei Eier für drei Tage (ich wollte bestimmt Quetzal sagen) oder
  • “Soy Alemania” – Ich bin Deutschland. (Sehr unangenehm)

In Guatemala lernte ich zu Handeln 🙂

Mit zunehmenden Marktbesuchen merkten wir, dass wir bei dem ein oder anderen Marktstand andere Preise für Obst und Gemüse vorgeschlagen bekamen als die Lokals. So begannen wir zu Handeln, wenn uns der Preis unangemessen erschien. Orientierung war die Formel: Ein Produkt für einen Quetzal (Währung in Guatemala – 1Euro sind ca. 8,5Q). Anfangs schien mir das Handeln um 20Cent kleinkariert und falsch, doch am Ende ist es nicht mehr als ein Angebot, bei dem zwei Partien entscheiden können. Und es ist auch schon ein gutes Gefühl irgendwann nicht mehr 10Q für 3 Avocados zu zahlen, sondern wie alle Anderen 4 für 4. 🙂

Der erste Ausflug den wir aus “Xela” heraus machten, brachte uns zu den „Hot Springs“ Fuentes Georginas. Wir hatten hohe Erwartungen und freuten uns auf Wärme und Entspannung, doch leider blieb der Ort hinter unseren Erwartungen zurück. Die Naturbecken, die mit Hilfe der Vulkanwärme erhitzt werden, waren an diesem Tag nur mäßig warm (auch die Einheimischen waren in den Becken immer wieder auf der Suche nach den warmen Spots) und so wurde uns schon nach kurzer Zeit ganz schön kühl. Nicht gerade die Entspannung die wir erhofft hatten. Beeindruckend war dagegen die Fahrt hoch in die Berge. Die Gegend um “Xela” ist ein einziger Gemüsegarten. Maisfelder ziehen sich die Berge hoch (jeder Centimeter wird für Mais genutzt, egal ob in der Stadt oder an steilen Hängen), abgewechselt durch Blumenfelder, Kohl, Knoblauch und vielen vielen Zwiebeln. Etwas schockierend für mich waren allerdings all die Arbeiter*innen mit den Spritzrucksäcken voll Unkrautvernichtungsmittel. Ich fragte mich, was genau die dort auf das Gemüse spritzen und welche Effekte das wohl auf die Umwelt, die Produkte und mich haben könnte.

Den zweiten Ausflug machten wir dann zum Cerro El Baúl, einem Berg mit Mirador (Aussichtsplattform) über der Stadt. Der Weg war auch hier das Aufregendste, denn wir entschieden uns Google zu folgen und landeten auf einem sehr steilen und zugewachsenen Weg, der uns durch Hinterhöfe führte und vorbei an bellenden Hunden. Der zweite Teil des Weges war dann gepflastert und offenbarte uns einen Blick auf die wunderschöne Landschaft rund um “Xela”. So schön und dabei habe ich mir so schön das Gesicht und den Nacken verbrannt. 

Als nächstes besuchten wir den Friedhof von „Xela“. Dieser besticht wie der in Santiago de Chile durch ungewöhnliche Grabkammern, Farben und Bauweisen. Immer wieder standen wir von Gräber und fragten und was wohl hinter den Form- und Farbwahl der Gräber stehen könnte.

Vulkansee Chicabal

Für den letzten Ausflug hatten wir uns mit Chelsea verabredet, doch als ich morgens das Gespräch einer weiteren Hostelmitbewohner*in überhörte, die davon sprach, dass ihre Vulkanbesteigung abgesagt wurde, lud ich sie und ihren Freund zu unserer kleinen Reisegruppe ein. Eigentlich wollten wir mit dem Chickenbus fahren, doch bei fünf Menschen lohnte sich der Luxus eines Ubers. Der Luxus war nur viel zu klein für fünf Menschen plus Fahrer, was aber niemanden störte und so stopften wir uns in diesen Mikra und machten uns auf den 45minütigen Weg. Leider bekamen Chelsea die Kurven und hügelintensive Fahrt garnicht und so musste sich sich am Ankunftsort erstmal wieder sammeln. Unter grauen Wolken machten wir uns langsam auf den steilen Weg auf den Vulkan. Die Lagune Chicabal ist ein Kratersee in dem gleichnamigen Vulkan Chicabal auf einer Höhe von 2.712m und ein heiliger Ort der Mayas, der für Zeremonien verwendet wird. Der See befindet sich 600 Stufen tief innerhalb des Vulkans.

Auf dem Rückweg begann es stark zu regnen und so fragten wir einen PickUp-Fahrer ob er uns ins Dorf fahren könne. Er konnte und so wurde mein Wunsch war, einmal hinten auf einem PickUp mitfahren zu können. Na ja mein Wunsch war etwas anders gemeint, so mit Sonnenschein und wehendem Haar, aber gut, da war mein Wünschen dann doch etwas unpräzise. Ein Erlebnis war es allemal.

Mit dem Chickenbus nach Antigua

Ein anderer Wunsch meinerseits war es Chickenbus zu fahren. Chickenbusse sind alte amerikanischen Schulbusse, die hier den öffentlichen Nahverkehr dominieren und herrlich dekoriert, bemalt und frisiert sind. Auf einem weitern Markt in “Xela” fanden wir unseren Bus nach Antigua, doch da wir noch ein wenig Zeit hatten gingen wir erstmal Essen.

Uns verschlug es in eine der offenen Küchen am Rand des Marktes, wo eine überaus geduldig Köchin/Verkäuferin uns ihr Verkaufsangebot vorstellte. Leider kamen wir sprachlich nur wenig zusammen, so dass selbst Madeleine nach der Bestellungsaufgabe unklar war, was wir denn schlußendlich auf den Tisch bekommen werden. Doch alles war einfach nur wunderbar. Ich bekam an diesem kühlen, verregneten Tag eine Hühnersuppe, wie sie meine Mutter auch machen würde. Einfach nur herrlich, dazu Reis und Tortillas und einen lauwarmen Muckefuck. Heaven. Ich war so beseelt, dass ich die Frau um ein Foto mit ihr bat. Aber nicht ohne den Ausspruch von Neid einer anderen Frau, der Küche die Tortillas machte. Kein Problem dachte ich und ging auch zu ihr rüber und machte ein Foto mit ihr. Diese Zeit dort in der Küche mit den Menschen war unglaublich schön und bewegend, dass ich dieses als eines meiner drei Highlights in Guatemala benennen mag.

Sicherheit in „Xela“. Bis auf wenige Ausnahmen (auf dem Pfad hoch zum El Baul und auf dem Weg zum Friedhof) habe ich mich immer gut und wohl in der Stadt gefühlt. Es sind der Erfahrungen und Geschichten der Anderen, die mich unruhig haben werden lassen, bzw. auch an der Freude am Dasein knabberten. Ich möchte gern Anteil nehmen an dem was andere Personen empfehlen, doch ich möchte auch hier nicht, dass diese Empfehlungen zu meiner einzigen Route werden und ich misstrauisch durch die Gegend laufe oder gar nur “zu Hause” bleibe.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Sendepause?

November 11, 2019