
Unser kleines Abenteuer – Grenzüberquerung Guatemala
11.10.2019 es ist kurz nach acht Uhr abends. Ich liege auf dem Boden und starre an die blaue Decke. Ich mache Yoga in Guatemala, genauer gesagt in Quetzaltenango, irgendwie schon irre. Das Studio (Yoga House) ist klein und dunkel, der Fliesenboden kalt und die Matte müffelt. Anfangs habe ich mich noch gegen die Matte gewehrt, doch nach einer Stunde Yoga bin ich froh, dass ich nun nur gerade liegen muss.

In dieser Stunde ist mir mal wieder aufgefallen, wie ungeduldig ich doch bin. Nicht nur beim Yoga (wo es erst nicht schnell genug gehen kann mit dem Warmrollen der Gelenke), auch beim Lernen der Sprache, dem Erfassen von neuen Orten und Ländern oder dem Fakt dass ich manchmal denke … 100 Tage auf Reisen und nix hat sich verändert. Oder doch? Und muss das überhaupt?
Anyways… wir sind nun in „Xela“ (Name der Mayas für Quetzaltenango) und sind sehr sehr glücklich damit. Dabei begann die Reise eher mit Zweifeln und Zahnschmerzen*. Aufgrund weniger Informationen, bzw. dem Lesen einiger Horrorgeschichten zu den Übergängen von San Cristóbal nach Guatemala (plus dem Wunsch einer besorgten Dame, doch das Land zu überfliegen) waren auch wir etwas verunsichert.
Doch wie so oft, waren alle Sorgen unbegründet. Wir hatten uns – mit einem Tag mehr Zeit für Recherchen – bei Jalapeño Tours Bustickets für die Grenzüberquerung für 475Pesos gekauft. Nicht die aller günstigste Wahl, doch für uns die Vertrauenerweckenste – und das hatte Priorität.
Nach einer weniger ruhsamen Nacht in unserem Hostel in San Cristobal klingelt um 6.45Uhr der Wecker und pünktlich um 7.30Uhr stand der Minivan (Sprinter) vor der Tür und sammelte uns ein. Wir waren an diesem Tag die Ersten im Bus, es folgten sieben weitere Mitreisende aus unterschiedlichen Unterkünften. Das waren gerade genug Menschen für meine innere Sicherheit und so wenig, dass das Gepäck im Auto bleiben konnte. Ich bin noch nicht ganz so überzeugt von diesen Dackgepäcktransporten, vor allem in der Regenzeit. Nachdem unser Fahrer alle eingesammelt hatte, ging es mit einer Frühstückspause los zur 3h entfernten Grenze. Dabei durchfuhren wir eine wunderschöne Landschaft in sattem Grün, Berge hoch und wieder runter sowie durch Kleinstädte und Dörfer. Im Bus gab es die ersten Unterhaltungen vor allem in der Reihe vor uns, zwischen einem älteren Ehepaar und einem in Mexiko lebendem Amerikaner mit einem Hang zum Drama.
Plötzlich war die Grenze da, bzw. ein Ort in dem es ein Migrationsbüro gab. Also alle raus und auschecken aus Mexiko.
Wir hatten schon davon gehört, dass man eine Ausreisegebühr zahlen muss. Wobei mir nie ganz klar war, wer da was zahlen muss und so sind wir auch ganz unvorbereitet an der Grenze angekommen. Nach den Informationen vor Ort muss jede Person mit Oneway-Einreiseticket, die länger als sieben Tage in Mexiko verbracht hat eine „Tourismusgebühr“ von 550 Pesos bei der Ausreise zahlen. Ja und diese Summe hatten wir nicht dabei. Also wurden wir von unserem – für uns wenig sympathischen Fahrer – auf die andere Straßenseite geschickt, um dort in einem Laden/Kiosk Geld abzuheben.
Mit entsprechender Summe konnten dann auch wir ausreisen (für die 550 Pesos gibt es keine Quittung) und die letzten Meter zur Grenze mitfahren. Nach den letzten Kilometern auf mexikanischen Boden hielt der Van dann an der Frontera La Mesilla und wir wurden gebeten auszusteigen. Mit samt unserem Gepäck, ging es Berg auf zum guatemaltekischen Migrationsbüro. Weniger dramatisch und ohne Gebühren gabs hier den Einreisestempel für Guatemala und ein 90Tage Visum obendrauf 🙂 Damit waren wir offiziell in eingereist. Yeah!!!
Da unser Minibus für die Weiterfahrt noch nicht da war, setze sich unsere kleine Reisegruppe zusammen und wartete vor dem Migrationsoffice, zusammen mit dem Fahrer. Anderhalb Stunden sollte es dauern, bis der nächste Bus eintreffen würde. Also nutzen wir die Zeit für Frühstück und Smalltalk mich unseren Mitreisenden. Unterdessen kamen immer mehr Reisende, die wie wir nach Guatemala reisen wollen und auf ihre Weiterfahrt warteten.
Unsere „Bushaltestelle“ ist ein belebter und geschäftiger Ort, an dem die Wechselgeldhändler mit ihren Scheinen wedeln, Autos und Mofas die Grenze passieren, Hunde Schatten suchen und ein blinder Mann immer wieder das selbe Lied singt.
Und dann endlich kam er an: Unser kleiner Minibus für die Weiterfahrt, beladen mit vielen Reisenden, die die Grenze in entgegengesetzte Richtung passieren wollen und einem vollen Dachgepäckträger. Dieser wurde dann fix entladen und die Busfahrer tauschten ihre menschliche Fracht. Wieder war ich glücklich, dass wir nur eine kleine Reisegruppe waren, denn auch hier konnte das Gepäck im Auto mitfahren.
Und weiter gings mit der Fahrt und Luis unserem Busfahrer. Ich vermute Luis ist 25 Jahre alt und (wie mir der Amerikaner, der dieser Strecke des öfteren fährt schon mitgeteilt hat) schnell mit dem Bus unterwegs. Oh ja, das war Luis (aka fast and furious). Mit einer Freude am Fahren und Hupen raste er die von Schlaglöchern, anderen Autos und Tieren gesäumte Strecken entlang. Dabei unterhielt er sich freudig mit dem Amerikaner, lernte ein paar neue Vokabeln von ihm und überholte wann immer es (un)möglich war. Nach der Hälfte der Strecke war mir von dem up and down, den Kurven und dem Holterdipolter super übel.

Ich saß in dem Minibus in der zweiten Reihe mit direktem Blick auf die Straße und schon nach wenigen Kilometern schnallte ich mich an. Ich hatte wirklich Schiss. Mir fiel es echt schwer die Landschaft zu genießen oder mich länger mit meinen Sitznachbarn zu unterhalten, alles woran ich dachte war… was ist wenn…(das nächste Mal nehme ich ne Tüte mit).
Nach einer gefühlten Ewigkeit verkündete Luis freudestrahlend, dass wir in 30min. in Xela sein werden. Am Stadrand hielt er dann an einer Tankstelle und ließ uns und das ältere Ehepaar raus und organisierte uns ein Taxi, dass uns direkt zu unserer Unterkunft fuhr.

Gegen 16 Uhr Ortszeit und 10 Stunden unterwegs, waren wir mehr als glücklich in Xela und unserem Hostel angekommen zu sein. Nicht vorzustellen jetzt noch 2,5 Stunden bis Panajachel (Lake Atilan) oder 5 Stunden bis Antigua in diesem Bus verbringen zu müssen. Ich muss den Streß nicht haben, ich darf auch weniger und dafür mehr Pause machen.
*Immer dann wenn ich innerlich mit einem Thema arbeite, dann legt sich der Stress auf meine Kiefer und ich presse bis es weh tut. Sehr unangenehm, wenn auch ein guter Indikator ist, mal was zu verändern oder zu bearbeiten.