
Spürst du die Freiheit in dir?
Vor ein paar Tagen fragte mich eine Freundin “Spürst du die Freiheit in dir?“ Ich blieb an dieser Frage hängen, denn ich hatte erst keine einfache Antwort darauf? Ich ließ diese Frage in meinem Kopf etwas hin und her spielen und kam auf viele mögliche und unmögliche Antworten. 🙂
Gegenfragen:
- „War ich denn bisher nicht frei?“
- „Befreit Reisen von etwas?”
- „Was bedeutet Freiheit eigentlich und im speziellen, was bedeutet es für mich?” Ah…. es geht um mich und von daher kann meine Antwort auch nur mit mir zu tun haben und ganz speziell an mich gekoppelt sein.
Dazu eine Tasse mexikanischen Kaffee und ein Gebäckstück mit dem Namen Budin (mexikanischer Brotpudding :))
Meine erste Antwort auf die Frage war ein NEIN.
Nein ich fühle mich nicht freier als zuvor, denn und damit wird deutlich womit ich Freiheit verbinde, ich konnte auch vor meiner Reise schon viel tun und lassen wie ich wollte und frei Entscheidungen treffen. Das Entscheidungen auch Konsequenzen mit sich bringen ist klar, doch das ist, so denke ich, überall so. Nur war das Ausmaß der Konsequenzen vielleicht weniger interessant für Andere oder zu wenig kontrastreich?
Eine andere Antwort ist JA.
Ich bin auf Reisen und kann fast täglich Entscheidungen treffen, die stark sichtbare und kontrastreiche Konsequenzen mit sich bringen. So kann ich sagen, dass ich frei darin bin, mich zwischen Sprachschule und Vulkanbesteigung entscheiden zu können. Oder Taco und Tlayuada oder ob ich die Hausaufgaben wirklich mache. Damit habe ich ganz andere Entscheidungen zu treffen als „zu Hause“ und meistens ist hier das Wetter auch besser und vielleicht damit auch meine Laune. Vielleicht bin ich nicht freier aber besser gelaunt?
Freiheit im Vergleich zu wem?
Aufgrund meiner Herkunft, meinem Aussehen und meiner finanziellen Möglichkeiten habe ich in Deutschland, aber vor allem hier in den lateinamerikanischen Ländern andere Möglichkeiten. Ich muss gerade nicht arbeiten (weil sehr lange gespart), ich muss keine Familie versorgen (weil die das alleine können) und bis auf das Finanzamt (und die nehmen sich was sie wollen) hab ich gerade nichts zu verhandeln. Also hängt wohl Geld und Verantwortunge mit einer sogenannten Freiheit zusammen?
Ist Reisen Freiheit?
Nun ja irgendwie schon, da ich so ein Jahr wählen kann wo ich morgens meine Zähne putze und abends meinen Instagrampost ins Internet stelle. Doch es gibt auch Dinge, ausserhalb vom Geld, die mich einschränken und gefüllt einsperren. Die Sprache, die Möglichkeit zu Sprechen, mich meiner Umwelt verständlich zu machen. Zu gerne würde ich mehr fragen (das könnte ich wohl, nur die Antworten würde ich NOCH NICHT verstehen), mehr in den Austausch gehen, mehr Verstehen von den ganzen Schildern und Ausrufen der Menschen.
Leider NEIN
Leider ist es so – und da geht es aber auch den Menschen vor Ort nicht anders – können wir hier nicht alle Orte besuchen, die wir vielleicht interessant finden. Einfach weil es zu gefährlich ist, heißt es dann. Hier in Oaxaca gibt es Orte von denen abgeraten wird, bzw. deren Besuch nur über Umwege empfohlen wird. Das klingt vielleicht banal, … „dann geh doch einfach nicht dorthin“, doch für den Kopf und meine Sozialisation, dem Wunsche meine Nase überall hineinstecken zu können wenn ich will, ist das ungewohnt.
Ja und Nein
Für mich ist das Reisen mit meiner Freundin und Partnerin ein großer Luxus. Wir haben so viel Zeit zusammen, können uns über das Erlebte austauschen und gemeinsam durch unsere Reise wachsen. Jedoch schränken wir uns auch ein, indem wir nicht als Paar auftreten, kaum körperlichen Kontakt im öffentlichen Raum haben und uns auch sprachlich wenig als Paar erkenntlich geben. Der Gedanke negative Reaktionen zu bekommen und dann noch nicht mal sprachlich pointiert kontern zu können, finde ich ziemlich bescheiden.
Und dann ist da noch ein NEIN.
Irgendwie spüre ich in mir auch eine Art Unruhe, basierend darauf, was Andere wohl über die Ausgestaltung meiner bzw. unserer Reise denken und sagen. Im täglichen Abgleich mit den anderen Reisenden über Instagram sehe ich, wie unterschiedlich die Menschen auf den selben Strecken reisen und es beschleicht mich der Gedanke nicht genug zu machen, zu sehen, in Action zu sein. Somit bin ich doch oft mit meinen Zweifeln beschäftigt und gucke dahin wo andere sind, satt zu erkennen und zu bestaunen was denn täglich vor meiner (Auto)Tür wartet.
Also was ist jetzt A(e)nne?
Ganz ehrlich, ich mag die Art wie wir reisen und ich werde lernen mehr auf das zu achten was da ist und erkennen was wir hier im lauten und leisen, im GROßEN und kleine machen und erleben. Ich mag, dass ich erst die Sprachschule besuche (auch wenn es Zeit kostet), damit ich mit den Leuten vor Ort und anderen Reisenden sprechen/reden/singen kann und mich damit freier in mir bewegen kann. Denn Reisen ist für mich, neben all der wunderbaren Landschaft und Natur, dem fantastischen Essen und dem beobachten der Gewohnheiten der Menschen, mit diesen MENSCHEN in sprachliche BEZIEHUNG gehen zu können. Ich denke Reisen beginnt mit Kommunikation und für mich insbesondere mit dem Stellen von Fragen? Ich liebe Fragen und ich habe so viele in mir, die ich stellen möchte um Antworten zu bekommen.
Liebe Klautsche, NEIN noch kann ich nicht ganz von Freiheit sprechen, aber ich bin auf dem Weg dorthin :). Und wenn ich irgendwann da bin, werde auch ich auf einen Vulkan steigen, vielleicht in Guatemala am Lago de Atitlán. Vielleicht auch nicht, mal sehen, ist ja meine Entscheidung :). Sei auf jeden Fall ganz lieb gegrüßt und DANKE für deine wunderbare Frage. I miss you.